Der Brexit und die Lebensqualität

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Die Briten haben sich also doch gegen den Verbleib in der Europäischen Union entschieden. Ob diese Entscheidung einen Weg zu mehr Lebensqualität bereitet, ist allerdings völlig offen. Es gibt Länder in der EU, die – trotz der Vorgaben aus Brüssel – eine sehr hohe Lebensqualität erreicht haben: Schweden, Dänemark und die Niederlande zählen zu dieser Gruppe; Großbritannien nicht. Ebenso gibt es Länder außerhalb der EU, denen das gelungen ist: die Schweiz und Norwegen sind Beispiele dafür.

Jedes Land hat – egal ob Mitglied in der EU oder nicht – viele Möglichkeiten, um eine hohe Lebensqualität zu erreichen. Diese Lebensqualität lässt sich bekanntlich nicht direkt messen. Mit Hilfe verschiedener Indikatoren, die direkt oder indirekt mit ihr zusammenhängen erhält man aber ein umfassendes Bild eines Landes. Großbritannien liegt in einigen Indikatoren deutlich hinter den besten Ländern zurück:

1. Die Pressefreiheit ist laut Reporters without Borders deutlich niedriger als z.B. in Norwegen, der Schweiz und den Niederlanden. Großbritannien liegt in dieser Rangfolge nur auf Platz 38 weltweit. Eine freie Presse ist eine Voraussetzung für eine hochwertige Debatte über gesellschaftliche Prioritäten.

2. Die Qualität der Demokratie liegt nach Berechnungen der Economist Intelligence Unit unter dem Niveau von Norwegen, der Schweiz und 13 anderen Ländern.

3. Die Gleichstellung der Frauen lässt laut Gender Equality Index von Social Watch einige Wünsche offen. Großbritannien liegt auf Platz 25 weit hinter den skandinavischen Ländern, aber auch der Schweiz und Deutschland zurück.

Die genannten Indikatoren hängen statistisch eng mit der Lebenszufriedenheit der Menschen zusammen. Hier belegt Großbritannien laut World Happiness Report lediglich Platz 23. Und sie hängen eng mit Indikatoren für wirtschaftlichen Erfolg zusammen. Auch das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner ist in Großbritannien kaufkraftbereinigt deutlich niedriger als in den anderen genannten Ländern.

Großbritannien hatte in den letzten Jahrzehnten viele eigene Möglichkeiten, um ein Mehr an Lebensqualität zu erreichen. Sie wurden bisher nicht ausreichend genutzt. Ob sich dies außerhalb der EU ändert, ist völlig offen. Die relativ niedrige Pressefreiheit und die nicht besonders hohe Qualität der Demokratie deuten darauf hin, dass zunächst die gesellschaftliche Basis für gute Entscheidungen gestärkt werden müsste.